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Standards versus Barrierefreiheit

Ich beobachte eine zunehmende Unschärfe bei der Verwendung von Begriffen wie Webstandards, Barrierefreiheit, Zugänglichkeit, Benutzbarkeit, Validität und ähnlichen. Sie werden unsortiert und unreflektiert in Diskussionen eingebracht und erzeugen häufig nur noch Verunsicherung oder gar Unverständnis.

Ist denn eine valide Seite nun barrierefrei?
Oder eine standardkonforme Site zugänglich? Oder benutzbar?

Vielleicht liegt es an den englischen Urbegriffen Usability - Validity - Accessibility und dem Interpretationsspielraum bei ihrer Übersetzung. Versuchen wir, uns von diesen ganzen Schlag- und Reizworten zu lösen und die ganze Thematik auf etwas simplere Prämissen zurück zu führen:

  1. Standardkonforme Seiten sind nicht immer barrierefrei.
  2. Barrierefreie Seiten müssen immer standardkonform sein.

So reduziert sich das Ganze auf zwei Gesichtspunkte, die definiert und berücksichtigt werden wollen:

A) Standardkonformität

Die Betrachtung einer Website aus technischer Sicht

Standardkonformität ist eine notwendige Vorbedingung für eine barrierefreie Seite, aber für sich allein noch nicht ausreichend. Standards werden durch die Spezifikationen vom World Wide Web Consortium (W3C) definiert.

Zum Aufbau eines standardkonformen Angebots gehören:

  • Valider Code
    Er gewährleistet die maximale Zugänglichkeit der Inhalte und die prinzipielle Portierbarkeit auf unterschiedliche Ausgabegeräte.
  • Saubere Trennung von
    • Struktur (HTML)
    • Präsentation (CSS)
    • Funktionen (JS, PHP etc.)
    Bei der konsequenten Trennung von Inhalt und Design wird ein Dokument mit einer ausgeprägten logischen Struktur erstellt. Was inhaltlich zusammengehört, ist auch ohne Hilfsmaßnahmen als zusammengehörig erkennbar, das Dokument bleibt unabhängig von der visuellen Darstellung verständlich.
    Die visuelle Darstellung der Inhalte wird über zentrale Formatierungsanweisungen geregelt, die außerhalb des eigentlichen Dokuments abgelegt werden (können).
    Zusätzliche funktionale Erweiterungen können dem Dokument beigefügt werden, solange sie die Zugänglichkeit der Inhalte nicht behindern.
  • Sinnvolle Auszeichnung von Texten
    HTML-Elemente und -Attribute werden semantisch korrekt verwendet, also wie es ihrer Bedeutung laut Spezifikation entspricht.

B) Barrierefreiheit

Die Betrachtung einer Website aus konzeptioneller Sicht

Barrierefreiheit wird durch die »Richtlinien zur Zugänglichkeit« (Web Content Accessibility Guidelines, WCAG), die Vorlage für die Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITV) geregelt.

Merkmale einer barrierefreien Website sind u.a.:

  • Standardkonformität (siehe oben)
  • Gute Übersicht und Orientierung
    • seitenübergreifender Präsentationsstil
    • Klare Aufteilung der Inhalte
    • Schlüssige Navigation
    • übersichtliche, strukturierte Menüs
    • Sitemap (Inhaltsverzeichnis)
    • Standort-Angabe (Breadcrumbs)
    • Sprungmarken (seiteninterne Navigation)
  • Leichte Bedienbarkeit
    • von Formularen
    • der Such-Funktion
    • von Bestell-Funktionen
    • von Downloads
    • Navigation per Tastatur möglich
  • Gute Erkennbarkeit und Kontraste
    • skalierbare, gut lesbare Schrift
    • leicht identifizierbare Links und Linkziele
    • unterstützende grafische Elemente
  • Behinderungspezifische Ergänzungen
    • Bildbeschreibungen
    • Auszeichnung von Sprachwechseln
    • Darstellungsvarianten
    • Leichte Sprache (LS)
    • Gebärdenvideos (DGS)

Der Sinn von Barrierefreiheit besteht eben nicht darin, Seiten zu bauen, die sich an der Zugänglichkeit für vermeintliche Randgruppen orientieren. Dies hieße, Barrierefreiheit auf einen behindertenpolitischen Teilaspekt zu reduzieren. Barrierefreiheit als Konzept orientiert sich an den Bedürfnissen ALLER denkbaren Benutzergruppen, bedeutet weitestmögliche Zugänglichkeit für alle Anwender, unabhängig von körperlichen oder sonstigen Einschränkungen.

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